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Museum Malerwinkelhaus Marktbreit

Lebendige Vergangenheit

Juni 2023

Den Blick in eine Vitrine gerichtet, erzählt Robert Eigner: „Ich trockne noch heute mit Handtüchern ab, die das Monogramm meiner Oma Paula tragen“ und seine Mutter Helga fügt hinzu: „Weißt Du noch, das stand immer bei uns auf dem Kachelofen… Wie würde sich die Uroma Rosa freuen, dass das alles wieder nach Marktbreit zurückgekehrt ist“!

 

Mutter und Sohn waren am Sonntag, den 18.06., extra aus München angereist, um das Museum und die aktuelle Sonderausstellung zu besuchen, wo Vieles an ihre jüdischen Vorfahren erinnert: Familie Eigner aus Augsburg und Familie Putzel aus Marktbreit.

 

1884 war Leopold Putzel aus Scheßlitz mit seiner jungen Ehefrau Sabina (geb. Eisenheimer aus Gochsheim) hierhergekommen. Das Paar bezog ein imposantes Haus am Schlossplatz, wo Leopold ein (später renommiertes) Herren- und Knaben-Bekleidungsgeschäft eröffnete und Anzüge, Schuhe sowie Hüte anbot. In der Zeit von 1885 bis 1903 wurden dem Paar acht Kinder geboren, sieben Geburten sind mit Datum und Geschlecht des Kindes im Buch der Marktbreiter Stadthebamme Anna Rosen verzeichnet (Dauerausstellung „Frauen-Zimmer“). Nur vier der Kinder erreichten das Erwachsenenalter. Der einzige Sohn, Julius, fiel jung im Ersten Weltkrieg, woran heute noch sein imposantes Ehrengrabmal auf dem jüdischen Friedhof Rödelsee erinnert. Rosa, die älteste der drei Töchter, lernte in Marktbreit ihren späteren Ehemann kennen, zog mit ihm nach München und gründete eine eigene Familie. Dennoch besuchte sie regelmäßig Eltern, Schwestern sowie Familienhund Prinz in ihrem Heimatort, häufig auch zusammen mit ihrer 1912 geborenen Tochter Paula. Diese heiratete 1939 schließlich den aus Augsburg stammenden Ludwig Eigner, der wie Paula selbst einer jüdisch-katholischen Ehe entstammte. Sowohl ihr Bruder Wolfgang, als auch ihre Tanten, Rosas Schwestern, waren mit ihren Familien kurz zuvor in die USA emigriert, die Großeltern Sabina und Leopold Putzel bereits verstorben und das ehemalige Familiengeschäft am „Adolf-Hitler-Platz“ führte nun L. Plackner. Dennoch hatte Paula zusammen mit ihrem späteren Ehemann den Ort ihrer Kindheit noch einmal besucht, wovon ein von Ludwig signiertes, 1938 entstandenes Malerwinkel-Gemälde zeugt. Nur wenige Jahre später starb die junge Ehefrau und Mutter zweier Söhne im Kleinkindalter, so dass Oma Rosa zur wichtigen Bezugsperson für die Eigner-Buben wurde. Alles ist bestens durch Fotografien und Korrespondenzen der einzelnen Familienmitglieder belegt.

 

Dass sich diese zusammen mit vielen weiteren Familienerinnerungsstücken erhalten haben, ist Helga Eigners Verdienst. Bis heute pflegt sie den über Rosa, die Großmutter ihres Mannes, auf sie gekommenen Nachlass der Putzels und interessierte sich schon seit ihrer Heirat stets für die Familiengeschichte ihres bereits verstorbenen Mannes, Heinz Eigner. Von ihr akribisch mit Namen und Jahreszahlen beschriftet, ist mittlerweile nun Vieles in das städtische Archiv oder als Schenkung ins Museum Malerwinkelhaus gelangt und somit nach weit über 100 Jahren nach Marktbreit zurückgekehrt.

 

Aufgeregt freuten sich Mutter und Sohn nun über die gelungene Präsentation an den Wänden im Sonderausstellungsraum, in Vitrinen und Bildschirmen, entdeckten überrascht manches ihnen bisher Unbekanntes und erzählten Kulturreferentin und Stadtarchivarin Frau Christiane Berneth fröhlich Anekdoten von den Verwandten. „Es gibt so Vieles zu sehen und zu erfahren, dass ich am liebsten hier im Museum übernachten würde“, seufzt Helga Eigner beim Abschied. Und Sohn Robert lacht zustimmend: „ich glaube, das Bett in der Dienstbotenkammer wäre noch frei“. Hier wiederum erinnert das von Sabina geschriebenes Zeugnis über die treuen Dienste ihrer Zugehhilfe an Familie Putzel am Schlossplatz. Nur das Malerwinkel-Gemälde ihres Großvaters Ludwig wollen Robert Eigner und seine Brüder ganz sicher im Besitz der Familie behalten.

Logo Museum Malerwinkelhaus Marktbreit
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